Dienstag, 22. April 2008

Del Shannon - New Orleans (Mardi Gras)

Heute mit Steph als Gastautor:



Falls irgendwo noch eine Time-Life-Compilation mit den größten Hits der 60er rumfliegt, einer ist immer drauf: Del Shannon. Mit Runaway hatte er gleich am Anfang des Jahrzehnts einen großen (und seinen größten) Hit. Relativ schnell verschwand Shannon dann in der Versenkung.

Völlig zu Unrecht, wenn man sich seine späteren Platten anschaut. Einem tollen Hank-Williams-Tribute folgte 68 dann "The Further Adventures Of Charles Westover". Dieses steht neben den ganz großen Alben der ausgehenden 60er-Jahre. "Pet Sounds", "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band", "The Further Adventures Of Charles Westover". Könnte man sagen: Zwei sind geblieben, eins ging unter.

Obwohl auch hier alles dabei ist. Rückwärtslaufende Tonspuren, Streicher, Chöre und mittendrin Del Shannon. New Orleans (Mardi Gras) mit dem auslaufenden Loop hätte so auch auf "Sgt. Pepper's" stehen können. "Have you been down there? It's not the same down there. Since you're not here in New Orleans". Für die neuen Abenteuer von Westover, so Shannon's Geburtsname, interessierte sich jedoch niemand. Er produzierte Brian Hyland, verfiel in Depression und wurde alkoholkrank. Ende der 80er stand er dann kurz vor einem erneuten Comeback. Tom Petty nahm den auf dem Oldie-Zirkus verlorenen Shannon unter seine Fittiche. Shannon sollte bei den Travelling Wilburys der Nachfolger von Roy Orbinson werden und nahm ein neues Album auf. Der Produzent: Jeff Lynne. Zwar wurde "Rock On" noch veröffentlicht, aber Shannon erlebte die Veröffentlichung nicht mehr. Am 8.Februar 1990 beging er Selbstmord. Durch Prozac ausgelöst, so heißt es, kehrten seine Depressionen zurück. Travelling Wilburys Vol.II wurde nie veröffentlicht, Rock On sein letztes Album wurde durch die Lynne-Produktion unhörbar, doch "The Further Adventures Of Charles Westover" bleiben. Hier: New Orleans (Mardi Gras). (steph)



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* leider derzeit out of print

Thee Headcoats - Punk Rock Ist Nicht Tot

Thee Headcoats ist einer der vielen Bandnamen unter denen die britische Independent Legende „Wild“ Billy Childish Platten veröffentlichte. Strikt dem Do-It-Yourself-Gedanken verbunden spielt Childish seit der großen Punkexplosion in einer Band nach der anderen. Angefangen mit den Pop Rivets über Thee Headcoats bis zu Buff Medways veröffentlichte er – angeblich – mehr als 100 Platten und Singles in den letzten drei Jahrzehnten. Genau nachzuprüfen ist das kaum, denn Childish ist so indie, dass selbst Discogs.com erst jüngst seine Datenbank um das Childish-Universum zu erweitern begann - nur um den Kindern des Internets einmal eine Messlatte in die Hand zu drücken.

Punk Rock Ist Nicht Tot, also. Bei Childish mit Sicherheit nicht. Als ich vor einigen Wochen bei ByteFM Childishs „Fun In The UK“ direkt hinter dem Punksong schlechthin „Anarchy In The UK“ spielte, meinte Gastgeber Ruben Schnell: „Wenn man Billy Childish hört, fällt einem erst auf wie Bubblegum die Sex Pistols doch waren.“. Aber es ist nicht nur der kompromisslose Musikstil und die Nichtproduktion, die Childishs Songs zu dem ewigen Garagen Punk machen, es ist auch seine Verweigerung gegenüber jeglichen Mainstream-und Major-Mechanismen. Selbst als Garage Punk die Musik der Stunde war und Jackie White Lobpreis auf den alten Mann sang, spielte Childish weiterhin in seine Erstweltkriegsuniform gekleidet, ohne sich verlocken zu lassen, den Fleischtöpfen des Musikbusiness Hallo zu sagen.

Dafür hat Childish sich eine außergewöhnliche Gefolgschaft erspielt. Welche Band kann schon von sich behaupten, nicht nur eine sondern gleich zwei weibliche Tribute-Bands zu haben? Holly Golightlys erste Schritte fanden in der All-Girl-Band Thee Headcoatees statt, The Buffets covern ausschließlich Childish-Songs und der heute vorgestellte Song wiederum wurde von Eddie Argos als Refrain für seinen Deutschland-Song „St. Pauli“ entliehen.
Punk Rock Ist Nicht Tot ist natürlich wiederum eine Replik auf den beliebten Bahnhofs-Punk-Spruch „Punk’s Not Dead“ der seine Existenz wiederum den one-chord-wonders The Exploited zu verdanken hat. Die alten Anarchisten von Crass dagegen waren vor Exploited in der frühen Punk-Zeit schon der Meinung, dass jener längst verschieden sei. Childishs Antwort darauf ist der hypnotische „Punk Rock Ist Nicht Tot“ Track, der sicherlich nicht als reine Affirmation eines sich verselbstständigten Punkrockgedankens zu sehen ist.



Weiterhören & Kaufen:
* "My First Billy Childish Album": sehr gelungener Kurzüberblick über die verschiendenen Billy Childish Phasen, natürlich bei der Menge an veröffentlichtem Material nicht annähernd vollständig oder als "best of" zu betrachten. (kaufen)
* "The Messerschmitt Pilot's Severed Hand": hervorragendes Thee-Headcoats-Album, das durchweg überzeugt (leider derzeit out of print)